Weinreisen sind unsere Passion. Wiederkehrend, mindestens jährlich, anstrengend, glückbringend, lustig, weinig und absolut
nötig.
Die Weinreise in die südliche Toskana war vermutlich einer der besten Trips, die wir in den vergangenen (fast) zwanzig Jahren zusammen gemacht haben. Die Rückkehr in die Region, die wir 2010 erstmals kennenlernen durften, war voller spannender Begegnungen, toller Weine, guter Gespräche und bester Freundschaft. Es war zum verrückt werden: Besser ging es eigentlich nicht!
Es folgen kurze Erfahrungsberichte über die besuchten Weingüter und getrunkenen Preziosen.
WEINGUT MONTEPELOSO
Irgendwie sind es stets besondere Momente, wenn man mit Fabio über Wein, die Welt, Geschichte, Kultur und Kunst diskutiert. Seine Sicht auf all diese Themen ist anders, ungetrübt, pur und bereichernd. Genau wie seine Weine.
Seit wir vor knapp einem Jahrzehnt über die Schwelle seiner Produktionsstätte in Suvereto traten, hat sich rein äusserlich nicht viel geändert. Er ist ebenfalls immer noch der sympathisch, jung gebliebene und aufgeschlossene Winzer mit 1000 Ideen, die ihm wohl gleichzeitig durch den Kopf schiessen.
Was sich verändert hat, sind die Weine. Fabio hat - einem Bildhauer gleich - die Konturen der Tropfen noch besser, noch präziser und ausdrucksstärker herausgearbeitet. Durchs Band sind die Weine sehniger, strammer und charaktervoller als vor 10 Jahren. Beeindruckend ist zudem seine Konsequenz mit der er die Qualität anhebt: 2017 hat er auf die Produktion von Eneo, Nardo und Gabbro verzichtet, alles deklassiert und lediglich den A Quo abgefüllt. Bravissimo! Er ist dafür richtig geil geworden. Eneo, Nardo und Gabbro 2016 sind schlicht perfekt!
Damit der gute Mann mal wieder stramme Säure auf und hinter die Papillen bekommt, haben wir ihm einen leicht gereiften Riesling mitgebracht und mit ihm zum Mittagessen genossen! Grazie Fabio!!!
WEINGUT TUA RITA
Eine Legende in der Toskana. Entstanden aus Zutaten, die jede gute Geschichte baucht: Zwei Menschen, Passion und Liebe. Mit Rita Tua lebt immer noch ein Teil dieser Historie auf dem Weingut. Die Geschicke führt indes die zweite Generation weiter.
Tua Rita fokussiert sich sehr stark auf die klassischen Rebsorten aus Bordeaux und Syrah. Die 30 Hektar unter Reben, am Fusse des Montepeloso erbringen Weine, die dem Familienunternehmen zumeist aus den Händen gerissen werden. Um eine schonende Bearbeitung der Trauben zu garantieren, vertraut man in weiten Teilen des Produktionsprozesses zumeist auf Frauenhände. Schön. #kannmanmachen #gendermanagement
Die tolle Führung in den Reben und im Keller fand ein jähes und leicht enttäuschendes Ende am Verkostungstisch. Dass man nicht für jeden vorbeifahrenden Konsument jeweils eine Flasche Redigaffi öffnet, leuchtet einem ein. Doch wenn man danach fragt, ob man etwas mehr als die beiden roten ‚Brot-und-Butter-Weine‘ verkosten darf und dies - aus welchen schleierhaften Gründen auch immer - mit „Nein, haben wir nicht!“ beantwortet bekommt, ist es Gelinde gesagt „schade“... Das mit der Passion war dann mal...
Bei Le Macchiole, Biserno, Montepeloso, Grattamacco, Le Pupille und Valdonica war es selbstverständlich alle Weine verkosten zu dürfen. Liebes Tua Rita-Team: Auch wenn Ihr immer noch denkt, dass Ihr etwas ganz Spezielles seid - Ihr irrt...
WEINGUT BISERNO
Man nehme ein weltberühmtes Gut, drei Weinfamilien, mache ein paar Deals, nehme das Geld, baue ein neues Weingut und engagiere dafür den weltweit führenden Flying Winemaker. Die Zutaten: Ornellaia-Masseto, Antinori-Mondavi-Frescobaldi, Biserno und Michel Rolland. Ein Gemenge aus dem vermutlich gleichzeitig, Träume und Albträume entstanden sind...
Zuerst das Positive, der Traum: Nachdem Ludovico Antinori Ornellaia-Masseto an Mondavi und Constallation Brands verkauft hatte, entschied er sich in unmittelbarer Nähe und im wahrsten Sinne des Wortes ein komplett neues Flagschiff im Bolgheri aus dem Boden zu stampfen: Biserno! Der Auftritt ist beeindruckend. Zwar ein bisschen abseits der berühmten Strasse, an der sich die grossen Namen wie auf einer Perlenkette aneinanderreihen, aber nicht minder beeindruckend hat Ludovico Antinori in Bibbona das ‚Schmuckstück’ aufgebaut!
Das Weingut ist von Perfektion und Eleganz umgeben. Man fühlt sich nach dem Betreten von Biserno innerhalb eines Wimpernschlags von Aristokratie und Erhabenheit umgeben. Ob man das sucht oder nicht, ist nicht von Belang, da man hier Weine für Millionäre macht. Die Tropfen ‚Biserno‘ und ‚Ludovico‘, den ich vor drei Wochen ebenfalls verkosten durfte, unterstreichen dies mit Preisen im tiefen und mittleren dreistelligen €-Bereich relativ klar. Doch: Sie sind auch verdammt gut, muss man dazu sagen.
Was bei Biserno einzig nicht ganz konsequent ist, ist dass der Insoglio [2017] in jedem besseren Discounter zwischen Porto und Pjöngjang sowie Malmö und Mombasa für ein Butterbrot verkauft, um nicht zu sagen verramscht, wird. Das ist schade, denn der Wein ist eigentlich handwerklich sauber gemacht und aromatisch absolut in der Range aller anderen Basisweine der sonst verkosteten Bolgheri-Weingüter. ‚Il Pino‘ 2016 konnte uns mit seiner Fülle, Komplexität und perfekten internationalen Machart ebenfalls überzeugen.
Der Albtraum ist kurz erzählt: Fragt man heute Ludovico Antinori nach der schlechtesten Entscheidung seines Lebens, sagt er offenbar unverblümt, dass dies der Verkauf von Ornellaia-Masseto an seine ‚grösste‘ Konkurrenz war. Doch wer ist schon perfekt?!
PODERE GRATTAMACCO
Das Weingut gehört beinahe seit seinen Anfängen schon der Familie Tipa bzw. nun dem Family Office der Familien Tipa-Bertarelli. Des Mannes also, der die Schweiz zu einer wahren Segelnation machte und eine ganze Generation Helvetier|innen von der freien Sicht aufs Mittelmeer träumen liess. Die Alpen sind zum Glück immer noch da und Grattamacco – wie sich eben zeigte – so gut, wie wir es noch nie kosten durften. Auf den knapp 15 Hektar Reben baut das Weingut, das als zweites nach Sassicaia die Weinregion Bolgheri überhaupt begründete, vor allem Cabernet Sauvignon und noch etwas Merlot, Cabernet Franc, Sangiovese und Petit Verdot an. Bei den weissen Traubensorten fokussiert man sich auf Vermentino. Die Rebberge sind nicht nur traumhaft gelegen, sondern auch bilderbuchhaft ökologisch bewirtschaftet.
Im Verkostungsraum wähnt man sich innerhalb einer Glaskapsel im Garten Eden. Üppige und fast schon subtropische Vegetation sowie dichter Wald umgeben das Weingut auf der einen Seite, währenddessen der Blick auf der anderen Seite in die Ebene und Richtung Meer geht. Grattamacco sehen und sterben...oder so. Ein zusätzliches kleines Detail ist, dass das Weingut lediglich vier Weine produziert. Vier! Da gibt es kein Abwägen zwischen ‚welchen kann ich noch‘ und ‚welchen muss ich noch‘. Ein Bianco, der Basiswein «Bolgheri Rosso» und die beiden Paradepferdchen im Stall: «L’Alberello» und «Grattamacco». Basta Pasta!
Der Weisswein ist ein reiner Vermentino, der irgendwie ganz sauber und glasklar erscheint. Obwohl er sich hälftig für acht Monate im Stahl und Barrique räkelte, findet man in ihm irgendwie keine Spur von Holz oder anderen «Pimp-my-Wine»-Komponenten. Er hat eine feine und verspielte Nase nach Frühlingsblüten, etwas Litschi und ein wenig gelbe Birne. Für die in Bolgheri üblicherweise herrschende Hitze, ist er richtiggehend frisch und knackig geraten. Sicherlich einer der subjektiv besten Vermentinos der Region.
Die Rotweine sind durchs Band weg Cuvées nach Vorbild der grossen Bruderweine aus dem Medoc. Hie und da ist manchmal Sangiovese zum Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot und Petit Verdot beigemischt. In der Basis, also beim Bolgheri Rosso, ist man dieses Jahr bereits ausverkauft. So begnügten wir uns mit den beiden «grossen» Weinen. Das Nasen- und Gaumenbild des L‘Alberello 2016 entsprachen einem edlen und klassischen Tropfen aus Kalifornien. Grüne und rote Peperoni, Zigarrenkiste und Heidelbeeren schmücken ihn aus. Spontan erinnerte er mich an den Heitz Cellers Cabernet Sauvignon. Der Grattamacco himself hat bereits in der Nase eine ungleich höhere Vielfalt an Aromen, Komplexität und Vielschichtigkeit zu bieten. Dies setzte sich am Gaumen sehr gekonnt und linear fort. Kleine blaue Waldbeeren, dunkle Schokoladensplitter, hintergründiges Tabakbukett und eine Spur Teer verliehen dem 2015er Jahrgang ungemeine Attraktivität und Zug, dass man fast dazu geneigt war ihn zu einem «Kippwein» empor zu heben!
Geile Sache!
WEINGUT LE MACCHIOLE
Eines der ersten Weingüter, das die Weinregion Bolgheri im letzten Jahrhundert überhaupt begründete. Bereits vor zehn Jahren stand der Besuch des Weinguts auf dem Programm, wurde dann aber kurzfristig von uns selbst abgesagt. Was ein Fehler war...
In der Zwischenzeit konnte fast jeder von uns die einen oder anderen Preziosen von Le Macchiole verkosten und trinken. Die Erfahrungen waren breit gemischt und reichten von „toller Alltagstropfen“ beim Basiswein ‚Le Macchiole‘ bis „riecht wie erste Reihe im Zirkus“ beim ‚Scrio‘.
Das Weingut hat derzeit etwas mehr als 20 Hektar unter Produktion. Beinahe die gesamte Produktion ist rot, bestehend aus den Bordeaux-Traubensorten Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon, Merlot und etwas Syrah. Beim Weisswein werden Chardonnay und Sauvignon Blanc verarbeitet. Die Reben stehen - bis auf kleinere Syrah-Parzellen in Castagneto Carducci - alle in der Ebene. Die teilweise unglaubliche Hitze wird von der stetigen Brise vom Meer etwa gelindert. Es ist ein wahres Kunststück, wie man trotz allem die Säure und Frische in die Weine bekommt...
Die Tropfen sind - kurz zusammengefasst - meisterhaft. Von der Basis ‚Le Macchiole’, über den gehobenen Mittelstand ‚Paleo Rosso‘, bis hin zu ‚Scrio‘ und ‚Messorio‘ waren wir begeistert. Schön ist vor allem, dass der oft als sehr animalisch empfundene ‚Scrio’ seine Stallgkeit und Wildheit mit der Zeit verliert und schlicht unwiderstehlich wird...
WEINGUT LE PUPILLE
Bei Elisabetta Geppetti mal vorbeischauen, war schon immer ein Traum gewesen. Die Mutter des Saffredi - die übrigens mit insgesamt fünf Kinder eine echte Powermami ist - konnten wir an diesem Samstag leider nicht treffen. Dafür zeigten uns zwei charmante Damen Haus, Hof, Keller und sogar das Büro der Grande Dame wo wir ein wenig ‚rumwühlen‘ durften 😉 Toll 🤷🏻♂️
Was hier Elisabetta in relativ kurzer Zeit erreicht hat, ist unglaublich. Die rund 70 Hektar unter Reben sind zur Hauptsache um den Weiler Scansano verteilt. Rund die Hälfte ist mit Sangiovese bestockt. Die Morellinos sind kräftige Interpretationen der Traubensorte, die uns sowohl mit Frucht [Basiswein] wie auch Komplexität [Riserva] überzeugen konnten.
Der Lagenwein ‚Poggio Valente‘ aus 100% Sangiovese hat Kontur, Kante und grenzt sich in seinem Purismus stark von der Ikone ‚Saffredi‘ ab. Der letztens genossene Jahrgang 2015 konnte mich persönlich gegenüber dem 2016er eine Spur mehr packen. Wobei dies sicherlich auch mit den 12 Monaten mehr auf der Flasche zusammenhängt. Saffredi 2016 ist hingegen ein ungemein wilder und bisweilen noch ungebändigter edler Mustang, der noch ein paar Jahre Auslauf braucht, um dann wohl seine übliche Anmut, Schönheit und auch Eleganz zu zeigen. Überrascht waren wir vom Weisswein ‚Poggio Argentato‘ [2017] der frisch aus einer Bergquelle zu stammen schien. In der Nachverkostung und nach etwas längerer Belüftung fanden wir sogar dezente Mineralität [um nicht zu sagen Feurigkeit] darin verborgen. Ganz schön gut ist der Junge! Er kommt so unbekümmert rüber, dass er bei der aktuellen Hitze wohl jede Sommerparty zum Botteõn ausarten lassen wird. Viva Elisabetta!
WEINGUT VALDONICA
Martin Kerres ist der Typ Mensch, der aus einfachen Rechnungsprüfern komplexe Weltkonzerne mitformen kann, eher den Berg zum Propheten bringt als umgekehrt oder einfach einer, der nach einem Ferienhäuschen in der Toskana suchte, um dann ein Weingut auf eine Bergflanke zu stellen. Ja, von so einem Martin reden wir hier.
Apropos reden: Etwa geschlagene vier Stunden hörten wir ihm zu, stellten Fragen, wägten ab, staunten, sahen uns die Rebberge-Keller-Poooooooool an und brutzelten dann auf der wunderschönen Terrasse bei Wasser, Wein und Philosophie ziemlich vor uns hin.
Die meisten die dies lesen, kennen den Martin aus unserer Geschichte nicht. Wie sollen sie denn auch!? Erst vor etwas mehr als zehn Jahren pflanzte er die ersten Reben am zum Meer hin zugewandten Hang des Monte Sassoforte. An diesem Bergkegel [offenbar vulkanischen Ursprungs] erwarb er nach und nach die heutigen rund 100 Hektar Land. Aktuell sind 15 mit Reben bestockt und werden nachhaltig und ökologisch bewirtschaftet. Der besagte Hang wurde gemäss dem Capo di Valdonica nie für Landwirtschaft irgendeiner Art genutzt, sodass er erst mit dem Weingut Valdonica aus seinem «terraren Dornröschenschlaf» wachgeküsst wurde.
Auf Valdonica wachst zur Hauptsache Sangiovese. Einer Fussballmannschaft gleich sind es elf verschiedene Klone, aus denen durch Lesegutselektion wie auch Lagenbestimmung vier Rotweine und teilweise ein PetNat entstehen. Weiter produziert Martin zwei Vermentinos, die in ihrer Ausprägung sehr spannend sind. Der einfachere «mersino» ist rassig und frisch, während der «ballarino» sich vollmundig, komplex und ungemein tiefgründig zeigt.
Die Rotweine sind für Sangiovese aus der Südtoskana eher ungewöhnlich «bescheiden». Dies im besten Sinne des Wortes. Wo viele andere eher üppig ausgestattet sind, gehen «arnaio», «saragio», «baciolo» andere Wege. Oder besser gesagt: Pfade! Es sind Tropfen die entdeckt werden wollen. In der Nase sind sie fein, würzig und mit leichter Süsse im Hintergrund versehen. Die primäre und oftmals stoffig sowie mit viel Kirschfrucht um sich schlagende Art anderer Weine aus der warmen Maremma, ist nicht ihre. Am Gaumen wirken sie durch die gut verwobenen Elemente eher still und dadurch hintergründig. Das Gesagte gilt ebenso für den Rotwein aus der autochthone Rebsorte Ciliegiolo gleichen Namens.
Bei «normalen» Massen-Sangioveses sammelt man Sinneseindrücke eher «vorne», also in der Nase und kurz nachdem der Wein den Mundraum umspült. Die sensorische Wahrnehmung der Valdonica-Rotweine fing bei mir aber quasi von «hinten» aufgezäumt an. Erst im Nachhall kommt all die kühle Aromatik, Komplexität und Vielschichtigkeit die sie ausmacht. Diese Art von nobler und kühler Zurückhaltung durfte ich in letzter Zeit bei ganz wenigen anderen Toskanern ebenfalls entdecken.
Die Geschichte von «Martin vom Vulkan» könnte eine beliebige sein. Dutzende Manager zogen und ziehen immer noch aus, um Winzer zu werden. Die meisten bringen dann irgendwann mal etwas Trinkbares auf die Flasche. Martin Kerres indes hat das Kunststück geschafft, aus 2009 gepflanzten Reben in 2012 seinen ersten [eigenen] Jahrgang zu keltern, der selbst renommierte Weingrössen überrascht/e. Seither nimmt er an Fahrt auf und perfektioniert sein Wirken und die Qualität der Weine. Es wird Zeit, dass dies in weiteren Kreisen Anklang findet. Zu wünschen wäre es ihm, dem Martin vom Vulkan!
BEYOND WINE | ÖLIGE GESCHICHTEN
Für einmal ein ‚alternatives’ Strammstehen der verschiedenen Weingüter aus der südlichen Toskana. Gibt es etwas Schöneres, als auf einem Weingut tolle Weine verkosten zu können und als Sideeffekt dann noch zusätzlich das dazugehörige Öl, der teilweise mehrere hundert Jahre alten und Schatten spendenden Olivenbäume [die auf dem Weingut wachsen], zu kaufen? Wohl kaum.
Eigentlich ist Olivenöl in Flaschen gefülltes Gold. Von zumeist guter Qualität ist es, wenn es grün-gelb leuchtet und ohne nennenswerte Filtration daherkommt. Aromatisch sollte es fruchtig, ‚grün‘ und natürlich nach Oliven duften.
NIE, zu keinem Zeitpunkt, sollte es in der Nase oder am Gaumen in irgend einer Art ‚fettig‘ wahrnehmbar sein. Im langen Schluck zeichnet es sich für mich durch den meist leicht bitteren und dann scharfen Abgang aus. Hochstehender Wein und bestes Olivenöl gehen für mich sehr oft Hand in Hand. Ja, die Weine und das Öl komplettieren die teilweise surreal schönen Erfahrungen auf jedem einzelnen Weingut!
WAS BISHER GESCHAH...
Der Weinliebhaber-Trupp «Chevaliers des Vins» bereist regelmässig Weingegenden in der Schweiz, in umliegender europäischer Nachbarschaft und darüber hinaus. Die AOC Bielersee, in der neutralen Zone des «Röstigrabens» gelegen, stand nie im Fokus. Durch puren Zufall [gibt es Zufälle?] oder göttliche Fügung [gibt es Gott?] machten gewisse Mitglieder Bekanntschaft mit dem Wein «Vogelsang». Um ermessen zu können was es mit dem Tropfen auf sich hatte, wurde das noch junge Vögelchen in eine Diagonalverkostung «Schweizer Premium Pinot Noir» platziert. Dabei holte er sich, mit dem noch sehr jugendlichen Jahrgang 2011, den totalen Sieg und stellte bekannte Namen wie Pellegrin, Mathier, Bachtobel oder Gantenbein in den Schatten. Das war einerseits ein Schreckmoment und andererseits die Geburtsstunde der Idee, den Weinen vom Bielersee mehr Denk-, Trink- und Genuss-Raum zu geben.
Eine erste Vertikale der Vogel-Gesänge gegen Ganten-Gebeine und Krebs-Scheren wurde suboptimal von kleineren technischen Problemen begleitet [Verwechslung der Samples: *"ç%&+ SO KANN ICH NICHT ARBEITEN!]. Egal wie, eins war klar: Die Enge innerhalb der geöffneten Tropfen war so atemberaubend, dass ein Besuch der Bielersee-Region sich geradezu aufdrängte. Scheinbar werden dort ernsthafte Weine von internationalem Format produziert. Von diesen Abwegen handelt dieser Report.
Die Pfalz in Kürze: Nahe, einfach zu erreichen, viel machbar in kurzer Zeit, nette Winzerinnen und Winzer. Nichts also wie hin! Drei Stunden später sitzt man bereits in der gemütlichen Probierstube des Weinguts Friedrich Becker. Haarscharf an der Grenze zwischen Deutschland und Frankreich gelegen. Um genau zu sein: Die Weinberge sind hüben wie drüben verstreut. Riesling, Weissburgunder, Chardonnay, Pinot Noir und weitere regionale und internationale Sorten werden angebaut.
Ganz grundsätzlich waren die Weingüter – für die an den zwei Tagen Zeit blieb – auf Weiss- und Rotweine ausgerichtet. Schneider, Von Wageck, Rings, Knipser und eben Friedrich Becker waren alle wohltuend entspannt und in sich ruhend. Man hatte das Gefühl mit zufriedenen Winzern zu reden und florierende Weingütern zu besuchen. Es bestand weder Kaufpflicht, noch musste man komplexe Anmeldeprozeduren über sich ergehen lassen. Keine Verkostungsgebühren wurden erhoben und geregelte Öffnungszeiten waren der Standard. Herrlich klar sowie irgendwie wohltuend geregelt und «deutsch»! Alles war entspannt.
Das ist man selbst irgendwann mal auch. Und zufrieden. Die Pfalz ist letztendlich ein wunderbares «Misch-Masch» aus Mosel und Burgund! Als Rotweingeniesser der im «Rieslingsäurebad» an der Mosel fast verdurstet wäre, mutet dieses Gemenge aus kühler nordfranzösischer Noblesse und schöner deutscher Frische beinahe perfekt an. Was will das Geniesserherz mehr? Die beiden wohl königlichsten Traubensorten auf ein paar dutzenden Kilometern vereint. Zur angenehmen Erweckung der Zunge und des Gaumens gibt es einerseits schöne frische und mineralische
Rieslinge. Sie stehen nicht im «Abseits» oder Windschatten der Mosel. Im Gegenteil: Sie sind zumeist schön, elegant und eigenständig. Sie sind [subjektiv gesehen] weniger säurebelastet und haben - jung genossen - mehr Anmut und Eleganz.
Bei den Rotweinen fängt die Musik bei den Spätburgundern der Grossen Lagen an zu spielen. Doch schon vorher machen die kleinen «Pinots» auch schon sehr viel Spass. Sie sind reintönig, frisch und weisen schönen Trinkfluss auf. Wer es nötig hat, gönnt sich einen Cabernet oder Cuvée aus deutschen Landen. Zum Glück wissen noch nicht viele wie gut die «internationalen» Sorten in der Pfalz gedeihen. Sonst wären sie wohl bedeutend teurer. Natürlich sind sie teilweise etwas von Holz geprägt. Doch, sind das Italiener, Franzosen oder Spanier nicht auch?
Zwei Tage Pfalz. Reich an vielen Erfahrung wird man davon nicht. Doch die 48 Stunden haben mich angefixt. Da muss ich wieder hin. Pfalz ich komme bald wieder...
PS: Die vorliegenden Weine sind lediglich eine Auswahl der verkosteten Preziosen der aufgeführten Weingüter. Sie wurden als Pfalz-Pioniere für einen Weinliebhaber assortiert und fanden den sicheren Weg in die Schweiz.
«WEINFANATIC ON TOUR - ZÜRICHSEE»
Streng genommen keine Weinreise an sich. Eher ein schöner Ausflug unter Freunden und ohne viele Notizen...
Besuchte Weingüter
Erich Meier - Uetikon am See | Schwarzenbach - Meilen | Höcklistein - Rapperswil-Jona
«WEINFANATIC ON TOUR - PIEMONT»
Als Vorbereitung auf unseren Weintrip Richtung Spitze der önologischen und kulinarischen Genusspyramide musste der eigentlich zu junge «Vigna Rue» (Jahrgang 2008) von Germano Angelo dran glauben. Die Farbe des Tropfens geht an den Rändern
bereits Richtung Kupfer und dunkelbraunem Leder. Vom Letzteren riecht und schmeckt man aber noch keine Spur. Es sind eher Kirschen und Pflaumen die vorherrschen. Aber zurückhaltend. Weiter
folgen trockene Rosen und ein wenig teerige Noten. Eine Spur Rauch folgt auf dem Fuss. Im Gaumen ist er schon sehr gut beisammen. Die Tannine sind noch gut spürbar und der Alkohol ist leicht
wahrnehmbar. Nicht unangenehm zwar...aber doch da. Weiter folgen Zedernholz und ein wenig Cranberries. Der Abgang ist lang und angenehm. Ohne Speisen trocknet er gegen Schuss etwas aus. Aber
mal ehrlich: Wer trinkt schon einen Barolo ohne was zu essen? Eben ;-)
«VERKOSTUNSTEAM - PIEMONT»
B wie Bordeaux und Burgund. Genau dies ist die royale Weinabfolge für Chevalier B. Der König des Weins lebt also in Aquitanien und die Königin in sicherer Distanz auf dem Lande. Die Geschichte lehrt uns aber, dass viele vom Thron gestossen werden können – und auch sollen! Als önologischer Slackliner findet Chevalier B die Weinwelt zu vielfältig, zu schön und zu interessant, um sich nur auf zwei Regionen, geschweige denn nur einen Kontinent zu versteifen. Ab und an darf für ihn ein Wein auch B wie «bold» – also richtig fett – sein und Erinnerungen an die gute alte Waldfruchtkonfitüre aus Omas Zeiten heraufbeschwören.
Vibrierend, mehrdimensional, farbenfroh und überraschend sollen Weine sein, um Chevalier M aus der Reserve zu locken und zu wahren Jubelstürmen
hinzureissen. Seine Liebe zu Wein kann durchaus auch fanatische Züge annehmen. Aus diesem Grund ist es für ihn auch besonders schwierig, Weine, Regionen, Stile oder Winzer zu benennen, welchen er
die Vorsilbe «Lieblings-» anhängen würde. Sein önologisches Zentrum bilden am ehesten filigrane, weiche, mehrdimensionale und deutungsschwere Weine aus der «Traubensortenrichtung» Pinot Noir,
Nebbiolo oder Nerello Mascalese.
Hahn, sei ein Schwan!
Chianti, unzählige Hügel, wunderbarer Sangiovese, tolle Weingüter und herzhaft gutes Essen. So in etwa lässt sich ein Kurztrip in die Heimat der Renaissance, Michelangelos und Leonardo da Vincis zusammenfassen. Trotz der zeitlichen Limitierung und der subjektiven, punktuellen sowie selektiven Fokussierung auf ein paar Weingüter, ist uns viel Positives wiederfahren: Sympathisches, Geheimnisvolles, Klassisches, Modernes, famos Filigranes und Uraltes haben wir entdeckt! Darunter befanden sich bekannte Namen doch auch das eine oder andere Weingut welches es sich zu entdecken lohnt.
Es gab ebenfalls ein paar Enttäuschungen. Zudem fanden wir nur wenige «Seleziones» die wirklich «Grande» waren. Alles hier zum nachlesen: Reisebericht.
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